Skip to main content

Trauma / Wissenswertes


Trauma-Ursachen

Offensichtliche und unbestrittene Ursachen für Traumatisierung sind Krieg, Vertreibung, Folter, Vergewaltigung, sexueller Missbrauch, psychische Qualen aller Art, Naturkatastrophen, Angriffe von Tieren, Unfälle und Stürze, schwere Verletzungen, unmenschliche und unpersönliche Behandlung in medizinischen Institutionen, unerwarteter Verlust eines nahen Menschen, Mobbing, Miterleben von Horror (auch am Fernseher!).

Aber auch alltägliche, eher unerheblich scheinende, jedoch unerwartet eingetroffene Ereignisse können unter schlechten Umständen traumatisierend wirken: z.B. scheinbar glimpflich verlaufene Stürze und Verletzungen, kleine Unfälle, Autounfälle ohne Verletzungen, drangvolle Enge in Menschenansammlungen, medizinische Operationen und zahnmedizinische Behandlungen, Narkosen, leichte Vergiftungen, Beobachten von Gewalt oder heftigem Streit, lautes Knallen, heftiges Blitzen, u.a.

Es ist bemerkenswert, dass es nebst den früheren, quasi "natürlichen Gefahren" des Lebens (angreifende Wildtiere, Stürze, Hungersnöte, Naturkatastrophen, usw.) auch neue Gefahren gibt, die wir Menschen im Zuge der Industrialisierung, Technisierung und Medialisierung neu geschaffen haben.

Oft haben diese "neuen Gefahren" mit technischen Errungenschaften zu tun, wie z.B. beim Autofahren (z.B. Schleudertrauma), Fliegen (z.B. Flugangst, Panik), Zugfahren (Tunnelangst), Liftfahren, oder mit medizinischen Prozeduren (z.B. körperliche und seelische Schäden durch Narkosen und / oder Operationen). Zu den neuen Gefahren gehört sicher auch der masslose und zwanghafte Gebrauch der Smartphones.

Erhöhte Wahrscheinlichkeit einer Traumatisierung

Generell kann eine besonders "schwierige Zeit" oder eine besonders "anstrengende Zeit" einen Menschen, der sonst gut im Leben steht, anfälliger und verletzlicher machen. Dies gilt nicht nur für psychisch und geistig anspruchsvolle Zeiten, sondern auch für körperlich erschöpfende Zeiten.

In einer solchen Phase ist die körperliche, geistige und seelische "Reaktionsspanne", die sog. Resilienz vermindert und die Immunkräfte geschwächt. Das bedeutet, dass weniger Kapazität für adäquate und erfolgreiche Reaktionen zur Verfügung steht.

Die Verletzlichkeit bezüglich Traumatisierung ist also abhängig von den aktuellen Ressourcen: von der körperlichen Konstitution, der Familien- und Beziehungsdynamik, den äusseren Lebensumständen und dem Alter.

Wie wird jemand traumatisiert?

a) schockartig

Schockartige Traumatisierung geschieht meist unvorbereitet, kommt also überraschend und unvorhergesehen. Das Ereignis ist in diesem Moment zu stark (z.B. ein Aufprall), zu schnell und überwältigend. Der körperliche oder psychische Schock kann so stark sein, dass der Betroffene überwältigt und ohnmächtig wird.

Aber auch dann, wenn eine Person z.B. einen Autounfall mit Glück und ohne äussere Verletzungen überlebte, kann es sein, dass die hohe energetische Aktivierung durch Angst und Schock im Nervensystem nicht, oder nur teilweise abgebaut wurde.

In diesem Fall wird dem Organismus die angeborene Fähigkeit, sich zurück zu ziehen, zu re-orientieren, und die erstarrte Energie wieder zu entladen, nicht "erlaubt". Die Schock-Energie bleibt in so einem Fall "im Körper stecken", was später zu Symptomen führt. Mehr dazu weiter unten.

b) langsam, schleichend, wiederholt (sog. Entwicklungstrauma)


Die zweite, (und vielleicht häufigere) Art der Traumatisierung geschieht langsamer als das Schocktrauma: sie geschieht mehrfach, sich über längere Zeit entwickelnd, und steigernd (oft in der Kindheit beginnend).

Dies ist dann der Fall, wenn eine überwältigende oder quälende Einwirkung über längere Zeit anhält, oder mehrfach wiederkehrt.

Den grossen Teil unserer Gefühle und unserer Körperempfindungen nehmen wir mit unserem Nervensystem wahr. Wie gut dieses Nervensystem entwickelt ist, ob es offen und flexibel ist, oder nur starr und stereotyp reagiert, bestimmt unter anderem, wie wir die Menschen und die Umwelt wahrnehmen, und welches Lebensgefühl wir dabei haben.

Das Kind (und später der Jugendliche und Erwachsene) erlebt sich selbst (und seine Umwelt) so, wie sein Nervensystem anfänglich "geprägt" wurde. Viele Kinder werden in ihrem Wachstum und in ihrer Persönllichkeitsentwicklung wortwörtlich "gestört", ihr Nervensystem ist (gemessen an seinen potenziellen Fähigkeiten) unflexibel oder sehr instabil und ist nicht gesund ausentwickelt.

Dies kann sich ein Leben lang auswirken. Als Erwachsene tragen wir das Lebensgefühl unserer Kindheit weiterhin im Körper (und nicht nur im Hirn gespeichert!) in uns. Davon wird zum Beispiel die Art und Weise, wie vertrauensvoll und ehrllich wir Beziehungen mit Menschen eingehen (oder sie misstrauisch vermeiden), geprägt sein. In diesem Zusammenhang kann gesagt werden, dass die heutige mediale Angstmaschinerie eine der grössten Gefahren für das zukünftige Zusammenleben der Menschen darstellt.

Kann man sich vor Traumatisierung schützen?

Nein, denn niemand kann sich absolut sicher vor einer überwältigenden Erfahrung schützen. Was wir aber tun können, ist, unsere Resilienz zu stärken und so die Wahrscheinlichkeit einer möglichen Traumatisierung zu senken. Es braucht eine gute Portion Resilienz, um in unserem modernen und oft ungesunden Lebensumfeld gesund, lebenstüchtig und -freudig zu bleiben.

Die gute Botschaft ist: Resilienz und Gesundheit kann man aufbauen und bewahren. Wer lernt, Ressourcen aufzubauen, die Naturgesetze des Körpers und der menschlichen Fähigkeiten zu beachten und für sich zu nutzen, hat gute Chancen auf Besserung und bleibende Gesundheit.

Zurück zum körperlichen Geschehen. Aus dem bisher Gesagten kann eine Definition abgeleitet werden. Diese gründet auf dem Körper-Ansatz der Trauma-Behandlungsmethode Somatic Experiencing SE:

SE-Definition eines (Schock-)Traumas

Das Trauma ist nicht das überwältigende Ereignis selbst (z.B. ein Autounfall), sondern das, was davon im Körper zurückbleibt.
Anders ausgedrückt ist ein Trauma eine unterbrochene oder abgebrochene "biologische Reaktion" des Körpers auf eine als existenzbedrohlich erfahrene Situation.

Das, was in dieser Definition "unterbrochene Reaktion" genannt wird, ist die nicht vollständige Entladung von blockierter Energie aus dem Körper. (Bei nicht domestizierten Tieren läuft diese Reaktion meistens vollständig ab; sie werden darum kaum traumatisiert.) Die im menschlichen Körper "zurück- oder hängengebliebene" Energie verursacht dann die Trauma-Symptome (z.B. die typischen Kopf-, Nacken- und Rückenschmerzen bei einem Schleudertrauma). Wenn diese nicht adäquat behandelt werden, werden die Symptome mit der Zeit zunehmen und auch psychische und geistige Beschwerden machen.

Das logische Denken und das Selbstbild des Menschen mit all seinen Erwartungen, Meinungen und dem begreiflicherweise grossen Kontrollbedürfnis steht der Auflösung von erstarrter Energie oft (unbewusst) im Wege, indem es deren Entladung behindert oder sogar verunmöglicht. Darum ist der körperzentrierte Ansatz von SE hier oft erfolgreicher als andere Methoden. Wir arbeiten "bottom - up" anstatt "top - down"; d.h. vom Körper zum Kopf anstatt vom Kopf zum Körper. Jedoch ist natürlich bei beiden Ansätzen das Ziel, dass beide wieder verbunden sind!